Es beginnt etwas neues, etwas schönes. Ich muss mit dem alten abschließen, in die Zukunft gucken. Das höre ich immer. Das ist ja schön und gut, aber nicht einfach.
Wenn ich jetzt in die Vergangenheit schaue, dann weiß ich, dass ich fast mein Leben durch all den Scheiß verloren hätte. Nur durch das, was Kinder verursacht haben. Sowas vergisst man nicht mehr. Und ich sehe auch immer noch die Bilder vor mir. Und wenn ich daran denke, könnte ich immer noch anfangen zu weinen. Es ist so krass gewesen. Verdammt, wieso hat mir denn niemand geholfen? Wieso musste es soweit kommen? Wenn jemand da gewesen wäre, dem ich vertraut hätte, dann wäre es vielleicht ganz anders gekommen.. und jetzt? Jetzt lebe ich immer noch damit, obwohl es Jahre zurück liegt. Hätte mir das jemand gesagt, dass ich das noch so lange mit mir rumschleppe, dann hätte ich den Tod wirklich als Lösung genommen. Wieso auch nicht`? Ich quäl mich hier nur rum, Tag für Tag immer und immer wieder. Alleine. Keine kommt mal an, hast du Zeit, kann ich vorbei kommen, keiner schreibt mir mal was nettes, oder drückt mir was in die Hand. Alle nehmen immer, nur ich muss geben. Manchmal wünsche ich mir einfach nur jemanden neben mir, der sich irgendwo mit mir hinsetzt und einfach nichts sagt. Einfach gar nichts. Manchmal ist Schweigen mehr als irgendwelche Worte. Manchmal möchte ich nichts sagen, sondern einfach nur in den Arm genommen werden. Manchmal möchte ich mich nur irgendwo hinsetzen und die Stille genießen. Vor mich hin starren. Das könnte ich Stundenlang. Aber niemand wäre dazu bereit, dass mit zu machen. Oder die Zeit ist nicht da. Jetzt haben wir Ferien, Schule ist vorbei. Die Zeit ist da. Aber wer möchte schon was mit mir machen. Ich habe auch keine Lust, immer jeden Tag tausend Leute zu fragen, ob sie mit mir was machen wollen. Weil die meisten eh was anderes vor haben und nicht können. Aber irgendwie hab ich nur Langeweile, sonst würden mich ja auch mal andere fragen. Verdammt. Dann bleib ich lieber alleine im Bett liegen und starre die Decke an, als irgendwo rumzufragen.
Heute war es eh extrem. Ich war noch irgendwie in Gedanken. Gestern war ein Tag, den man nicht einfach so vergessen kann. Er war unvergesslich und wunderschön. Und.. ich werde das alles so verdammt vermissen, die letzten Tage, die letzten Wochen und Monate. Die ganze Vorbereitung auf das alles. Es war so schön. Der Zusammenhalt wuchs immer und immer mehr. Und jetzt, jetzt ist es plötzlich vorbei. Sehen werde ich kaum noch jemanden. Und meine Angst bleibt. Starte ich gut in die Zukunft? Einen schönen Neuanfang? Oder wird es so schlimm wie früher. Werde ich wieder fertig gemacht.. und gemobbt. Wer weiß das schon. die Angst bleibt. Ich kann nicht sagen, was auf mich zu kommt. Klar, viele würden sagen, du bist so ein toller Mensch, dir kann man nichts böses wollen. Wunderbar, wenn diese Meinung nur jeder vertreten würde, dann wäre alles gut. Aber es ist eben nicht so. Es tut weh zu merken, dass es jemand auf dich abgesehen hat. Und ich habe einfach diese Angst, dass es wieder passiert. Diese Angst kennt keiner, der das nicht schon mal erlebt hat. Klar kann man immer so leicht sagen, hey, ich bin da, es passiert schon nichts. Klar. Und dann? Wenn ich mal alleine bin? Was ist dann? Bist du dann immer noch da? Und du? Dann seid ihr plötzlich alle weg und habt keine Zeit. Kenn ich doch. Wenn man mal auf wen angewiesen ist, dann wird eh nichts draus. Schön. Ich bin so froh, wenn ich meinen eigenen Weg gehen kann. Auch mal auf mich allein gestellt bin. Aber jetzt.. jetzt überwiegen die Gedanken von der Vergangenheit. Ich war so stolz auf mich. Ich war so stolz, dass ich mein Ziel erreicht hatte mit den Noten, schließlich habe ich ja auch lang genug dafür gekämpft. Aber irgendwie war ich damit alleine. Klar, Abschluss und so bla bla. Wusste ja schon vorher jeder, dass es ich geschafft habe. Aber irgendwie waren die Noten scheiß egal. Papa hat mal drüber geschaut aber auch nicht lange und dann hat er das Zeugnis weggelegt. Schön, dass ich mich dafür interessiere aber sonst keiner. Hatte ich auch was anderes erwartet? Ach was solls. Hauptsache ich hab mich gefreut. Hauptsache ich bin zufrieden. Und Hauptsache, ich ärger mich nicht, dass ich meine Kamera in meiner Tasche hatte und keine Bilder gemacht wurden. Verdammt. Dann seh ich alle Bilder vom Abschluss bei Facebook. Ach wie schön, ihr seid ja alle soooo hübsch. Aber wie viele Fotos noch? Immer wenn ich eins sehe, muss ich die Seite wegmachen. Das tut weh, weil ich von mir keine habe. Es sollte mein Tag werden. Und ich habe mich wieder nur um alle Anderen gekümmert, dass sie einen schönen Abschluss haben. Ich habe alles gegeben, mich vor Hunderten von Leute hingestellt. Und dann bin ich noch nicht mal auf einem Foto drauf. Schön. Mein Abschluss, ohne ein Bild. Alle haben mich gesehen, gesehen, mit den Augen. Das ist in zwei Wochen vergessen. Aber egal. Man kann mich ja ruhig vergessen. Am besten ihr vergesst mich alle, weil dann kann ich nämlich gehen. Ihr habt es ja eh nicht nötig, mit mir was zu machen. Ihr habt es auch nicht nötig, vielleicht auch mal etwas für mich zu machen. Klar, annehmen ist immer einfach, aber mal was kleines selber geben, was vom Herzen kommt, dass bin ich dann doch nicht wert. Hm, schon klar. Aber wieso erwarte ich auch sowas? Wird eh nichts. Ich mach einfach so weiter. Ich schreib weiter meine Texte, mal Bilder, kauf Geschenke, fahr überall hin, lass mich zu allem überreden, nur damit ich jemanden als Freund nicht verliere.
Ich schmeiß mich am besten gleich in mein Bett, und liege einfach nur, mein Kopf ist eh voll mit allem möglichen. Und schlafen klappt eh nicht. Dafür mache ich mir viel zu viele Vorwürfe, was ich gestern alles noch hätte anders machen können. Und dann fang ich eh wieder an zu weinen.
Ach und Tanzen, dort werde ich auch nie wieder hingehen. Die können mich dort alle mal. Wenn sie meinen, dass sie mit mir alles machen könnten, haben sie sich geirrt. So nicht. Ab jetzt dürfen sie ganz gerne auf mich verzichten. Brauchen mich eh nicht. Nur zum anschreien. Das können sie demnächst mit der Wand machen.
Und gestern Abend ist auch noch nicht vergessen! Son scheiß mach ich auch nicht mehr mit. Ich lasse mich zu nichts mehr überreden, was scheiße ist. Son kack. Ich wollte nicht mit Bowlen. Aus dem Grund, weil da genau die sind, mit denen ich nicht viel zutun habe und die ganz Anders sind, wenn sie mit "Ihren Leuten" da sind. Wunderbar. Ich bin also hingegangen, weil sie mir gesagt hat, sie würde um 12 Uhr wieder fahren. Ich überred Mama noch so lange, bis sie mich hinfährt. Ja scheiße, hätte ich einmal auf Mama gehört. War doch eh nur kacke. Ich saß da aufm Stuhl alleine. Mit meinem Handy, alle anderen ne Bierflasche inner Hand, geben sich einen aus gegenseitig. Und ich? Ich war Luft. Nicht mehr.Schön. Man fragt mich ja auch nicht, willst du was.. Und sobald ich gesagt habe, ich möchte auch eins, hat jemand anderes das Bier gekriegt. Ich hatte kein Bock mehr, das war doch einfach scheiße. Und die Wodka Flaschen konnten sie sich auch sonst wohin stecken. Wenn sie meinen, sie müssten mir mein Glas halb mit Wodka füllen. Ich hatte eh kein Bock. Ach und dann hat sich meine Freundin noch aufgeregt von wegen ja wie, du musst schon um 12 Uhr gehen.. ich will aber noch länger bleiben. Klasse. Am liebsten wäre ich raus gerannt und einfach weg. In der Hoffnung, dass mich irgendwas überfährt oder sonst was. Scheiße. War einfach kacke. Ich war froh, wieder zu Hause zu sein. Sowas mach ich auch nicht nochmal.


Marie Claire